Rettung des Lebens äthiopischer Priester und vieler anderer Menschen im Jahre 1937  –  Ein lebendiges Andenken an den deutschen Pastor Hermann Bahlburg, Leiter der Hermannsburger Mission in Äthiopien (heute: ELM ) 1927 bis 1941 (Übersetzung: CHB)

Nach der itali­enischen In­vasion Äthio­piens in den Jahren 1935/36 setz­te der ita­lieni­sche faschistische Diktator Mussolini einen Vizekö­nig im Land ein. Sein Na­me war Gene­ral Rodol­fo Graziani. Er trat sein Amt im Mai 1936 an. Er war unbe­herrscht und neigte zur Gewalt. Seine Poli­tik war faschist­isch und rassist­isch.

Für den 19. Februar 1937 berief der Vizekönig ein großes Tref­fen mit äthiopischen Wür­den­trä­gern ein und ver­sam­melte 3000 arme Leute, um ihnen kleine Hilfen im Palast von Addis Abeba zu gewähren. Zwei äthiopische Patrioten griffen den Vizekönig an, indem sie sieben Hand­gra­na­ten nach ihm warfen. Drei italienische Sol­daten wurden getötet, fünfzig Italiener und Äthiopier verletzt, der Vizekönig, getrof­fen von mehr als 300 Split­tern, überlebte dennoch.

Nach dem Attentat auf den Vizekönig fand von Sei­ten der Italiener eine drei Tage an­dauern­de schreck­liche Vergel­tungsaktion statt. In Addis Abeba wurde ein Blut­bad ange­richtet. Die Italiener verdächtigten zahllose Men­schen, Gesel­lschaf­ten und Ver­ei­ni­gungen, Insti­tutio­nen ein­schließlich von Kir­chen und Mis­sionen der Bei­hilfe zum Atten­tat. Sie wur­den verfolgt, vie­le Men­schen wur­den ein­ge­sperrt oder getötet. Al­les in al­lem wur­den geschätzte 5000 Äthiopier bei der Ver­geltungs­aktion fur das At­tentat auf den Vizekönig getötet, un­ter ihnen die 297 Mönche vom Debra Liba­nos∗).

Seit 1930 besaß die Hermanns­burger Mis­sion aus Deutsch­land ein Grund­stück in Qechine, Addis Abeba, di­rekt unter­halb der Qechine Medhane Alem Kirche. In den Wirren nach dem Attentat auf den Vizekönig suchten viele Menschen (manche sagen bis zu 200 Leute), darunter 12 orthodoxe äthiopische Priester von der Medhane Alem Kirche, die von italienischer Polizei verfolgt wurden, Zuflucht auf dem Gelände der Mission. Zufällig war Rev. Bahlburg, der Leiter der Mission, mit einem Gewehr auf der Schulter auf Wache auf dem Grundstück. Zu dieser Zeit wurde dort gerade ein neuer Sport- und Spielplatz für die deutsche Schule angelegt. Sofort die Gefahr für die Flüchtenden erkennend verteilte Rev. Bahlburg Schaufeln und anderes Werkzeug an die Zuflucht Suchenden, als wenn sie seine täglichen Arbeiter waren. Sie bewegten Sand für den Sport- und Spielplatz. Als die italienischen Polizisten eintrafen, um die Flüchtenden mit ihren automatischen Waffen zu töten, stellte sich Rev. Bahlburg vor sie und erklärte kaltblütig: „Das sind meine Arbeiter für jeden Tag!“. Die Polizisten verließen den Ort ohne einen Schuss abzugeben. Rev. Bahlburgs mutiges Handeln rettete das Leben dieser Menschen.

Der gläubige äthiopische Mitarbeiter, Lehrer und Evangelist der Hermannsburger Mission in Addis Abeba, Sebhatu, der von der schwedischen Mission ausgebildet und seit 1930 bei der (Hermannsburger) Mission beschäftigt war, hatte weniger Glück. In der Folge des Attentats auf Graziani war er verhaftet worden und starb nach einigen Wochen Ende April 1937 im Gefängnis an Typhus. Rev. Bahlburg bemühte sich beim italienischen Vizekönig um seine Freilassung, hatte aber keinen Erfolg.

Etwas anderes geschah noch nach dem Attentat auf den Vizekönig: Eines Tages kam ein italienischer Polizist mit dem Motorrad zum Grundstück der Hermannsburger Mission. Er verließ es mit dem Missionar Hinrich Rathje auf dem Rücksitz, der danach ins Gefangnis kam. Er wurde wegen Verschwörung und Kollaboration zugunsten der Angreifer angeklagt, ihm drohte der Tod. Er wurde in ein Militärflugzeug gebracht; mitten in der Luft drohten die Soldaten, ihn aus der Tür des Flugzeugs zu werfen. Nur die nachdrücklichen Interventionen des deutschen Botschafters Dr. Richter und von Pastor Bahlburg, der den führenden italienischen Militärrichter, General Olivieri, aufsuchte, führten zur Freilassung von Missionar Rathje am 6. April 1937 und retteten so sein Leben.

General Graziani wurde im November 1938 als Vizekönig durch den etwas zivilisierteren Earl of Aosta, Amadeo di Savoia ersetzt.                                               

∗)  Kloster nordwestlich von Addis Abeba. Lt. WIKIPEDIA gab es insgesamt 30.000  und allein in Debra Li­banos 1.600 Getötete, darunter alle Mönche:  http://de.wikipedia.org/wiki/Italienische_Kriegsverbrechen_in_Afrika

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